In einer Zeit, die sich gerne als das Zeitalter der Emanzipation bezeichnet, welches mit deren Umsetzung jedoch gerade erst begonnen hat, ist es dringend nötig sich mit der Voraussetzung der sogenannten Gleichstellung auseinander zu setzen. Die langsam verbesserte berufliche Stellung der Frau in unserer Gesellschaft ist mehr als nur eine statistische Grösse, ermittelt aus biegsamen - mehr oder minder real existenten - "Quoten", sondern ein dynamischer Prozess in einem Netz sozialer Verknüpfungen, in deren Zentrum nicht eine anonyme Ziffer steht, sondern ein Einzelschicksal, das gestaltend in die Entwicklung des beruflichen Profils einer Gesellschaft eingreift. Die Basis hierfür ist Bildung. Bildung und Ausbildung stellt die einzige Möglichkeit dar Horizonte und Perspektiven jenseits der definierten Geschlechterrolle zu eröffnen.
Bildung als ein rares Gut, das Jahrtausendelang dem Mann vorbehalten war, erschliesst sich nur zögerlich dem anderen Geschlecht. Und das aus gutem Grund: Die Bildungsdomäne des Mannes sicherte ihm Jahrtausendelang eine Vormachtstellungen in Familie und Staat. Wie tief diese Strukturen verwurzelt sind und wie schwer solche Krusten aufzubrechen sind zeigt ein Blick zurück auf die Geschichte der weiblichen Bildungsemanzipation. Weit müssen wir nicht zurückblicken.
Die Erfolgsgeschichte der Studentinnen
1858 wurde die erste Studentin in Russland immatrikuliert, jedoch die schlechten Bedingungen, mit denen sie und ihre Kommilitoninnen zu kämpfen hatten führten dazu, dass die Schweiz mehr oder weniger ungewollt zum hoffnungsvollen Land wurde. Die grosse Zahl der liberalen deutschen Dozenten, die nach 1848 vor allem in Zürich lehrten, schafften ein tolerantes Klima und wehrten sich nicht gegen weibliche Studierende.
Jenseits des Atlantik wurde in Amerika bereits 1861 das Vassar College als Frauenuniversität gegründet, das heute mit bekannten Namen wie Ruth Benedict, Jane Fonda, Meryl Streep in Verbindung gebracht wird. Ganz anders in Deutschland. Hier sollte der Missstand bis ins 20. Jahrhundert anhalten - in Berlin wurde erst 1918 die erste Studentin zugelassen. Die Universität sollte so lange als möglich eine reine Männerdomäne bleiben.
Studentinnen in der Schweiz
In der Schweiz setzte sich jedoch der einmal begonnene Trend der weiblichen Integration fort - hier ist die universitäre Landschaft von weiblichen (angehenden) Akademikern geprägt. Aktuelle Zahlen aus der Schweiz sprechen eine überzeugende Sprache: Im Jahr 2012 gingen an Universitäten und Eidgenössischen Technischen Hochschulen von 13309 Bachelortiteln 52% an weibliche Absolventinnen. Ebenso dominieren weibliche Akademiker die Abschlussstatistik bei den Masterprüfungen. Hier schlossen Mehr als 50% von 10857 Studierenden in Masterstudiengängen ihre Studien erfolgreich ab und liessen ihre männlichen Kollegen hinter sich. Hier scheint die Einführung der umstrittenen Bachelor/Master Studienordnung einen sehr positiven Niederschlag gefunden zu haben.
Namentlich in der Westschweiz, vor allem in Genf und Neuenburg liegt der akademische Frauenanteil bei überzeugenden 62% und es folgt Luzern mit etwas mehr als 60%. Das Schlusslicht bilden mit etwas weniger als 33% die Universität Sankt Gallen und die Technischen Hochschulen in Lausanne und Zürich. Die Wahl der Fachbereiche verweist deutlich auf die weibliche Präferenz der Fachbereiche der Geistes- und Sozialwissenschaften, sowie der Veterinärmedizin und Pharmazie. Interessant ist es erwähnen, dass bei den Argrar- und Forstwirtschaftstudiengängen der Anteil weiblicher Studierender überwiegt. Abschliessen soll nicht unerwähnt bleiben, dass an der Universität Zürich die weibliche Dissertationsquote um einige Prozentpunkte höher als die ihrer männlichen Mitbewerber lag, im Unterschied zur Restschweiz, die mit einem Männeranteil bei den Doktorabschlüssen von 56,8% vorne liegt. Es zeichnet sich jedoch auch hier ein Trend ab, der auf ein Ansteigen weiblicher Doktorabschlüsse verweist.
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