Ab Januar 2018 gelten neue Mehrwertsteuersätze in der Schweiz. Der Grund: Die seit 2011 gültige IV-Zusatzversicherung läuft aus und das Wahlvolk hat sich gegen eine Verlängerung ausgesprochen. Eigentlich sollte die Mehrwertsteuer daher um 0,4 Prozent sinken. 0,1 Prozent der Einnahmen werden jedoch verwendet, um die Bahninfrastruktur zu verbessern. Daher beträgt der Normalsatz für die Mehrwertsteuer ab Neujahr 2018 7,7 Prozent. Der reduzierte Satz für Nahrungsmittel und Dinge des alltäglichen Gebrauchs liegt weiterhin bei 2,5 Prozent und der Steuersatz für das Hotelgewerbe bei 3,7 statt bisher bei 3,8 Prozent.
Doch die Reduzierung der Mehrwertsteuer hat nicht nur Vorteile: Unternehmen müssen ihre Preise entsprechend anpassen. Die Kosten für diese Systemanpassung schätzen Experten je nach Branche auf bis zu 200 Millionen Schweizer Franken. Weiter wird in den Medien die Frage diskutiert, ob die Senkung der Steuersätze nicht an anderer Stelle für Finanzierungslücken sorgen könnte. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der reduzierte Steuersatz bei 7 Prozent, der Normalsteuersatz bei 19 Prozent. Trotzdem sind die Lebenshaltungskosten im Vergleich deutlich geringer.
Die Preisanpassung aufgrund der neuen Mehrwertsteuer zwingt Unternehmen zu Investitionen
Im Jahr 1994 gab es erstmals eine grundlegende Reform der Mehrwertsteuer. 73,7 Prozent der Wähler hatten dafür gestimmt, die bis dahin geltende Warenumsatzsteuer (Wust) durch die neue Mehrwertsteuer zu ersetzen. Seitdem wurde der Steuersatz für die Mehrwertsteuer schon viermal erhöht, nämlich von zunächst 6,5 bis zuletzt 8 Prozent. Ab 2018 sinkt die Mehrwertsteuer zum ersten Mal, weil der im Jahr 2009 beschlossene Finanzierungszuschuss für die Invalidenversicherung wegfällt. Das bedeutet, dass bis 2030 in den Kassen der IV über 2 Milliarden Franken fehlen könnten. Aber auch die Wirtschaft sieht der Steueranpassung nicht freudig entgegen: Sehr viele Unternehmen, die beispielsweise Produkte anbieten die nach dem Normalsatz besteuert werden oder die im Hotelgewerbe Dienstleistungen anbieten, müssen erst einmal tief in die Tasche greifen. So ist für Abrechnungssysteme eine Anpassung notwendig und auch die EDV braucht in vielen Firmen eine vollständige Neuausrichtung. Besonders schwierig gestaltet sich die Situation für Unternehmen, die eine grosse Produktpalette anbieten: Diese sind gezwungen ihre gesamten Preisbildungsmechanismen neu auszutarieren. Das ist zeitaufwändig und teuer. Wenn es Probleme bei der Umsetzung gibt, werden viele Kunden möglicherweise abgeschreckt und das Unternehmen muss sich auf Umsatzverluste einstellen. Zudem erhöht sich durch die Anpassung der Mehrwertsteuer zunächst der allgemeine Verwaltungsaufwand im Hinblick auf die Rechnungsstellung.
Ausländische Firmen werden ab 2018 eher zur Kasse gebeten
Für Kunden und Konsumenten könnte es in den ersten Monaten, in denen der neue Mehrwertsteuersatz gilt, zu unangenehmen Folgen kommen. Ein Produkt, welches vor dem ersten Januar 2018 gekauft wurde, kostet auf einmal nach dem Jahreswechsel mehr als noch wenige Tage zuvor. Von langer Dauer, so glauben Experten, ist die Mehrwertsteuersenkung in der Schweiz wohl ohnehin nicht. Die Altersvorsorge muss reformiert werden und das funktioniert wohl mittelfristig nur, wenn die Mehrwertsteuersätze erneut angehoben werden. Und dann müssen Unternehmen und Kunden sich erneut umstellen. Neben schweizerischen Unternehmen sind es auch ausländische Firmen, die sich ab 2018 auf Änderungen einstellen müssen. Jedes ausländische, aber in der Schweiz ansässige Unternehmen, welches weltweit 100'000 Franken oder mehr an Umsatz macht, wird in der Schweiz ab dem ersten Franken 2018 bzw. in eigen Fällen 2019 steuerpflichtig. So sollen Wettbewerbsnachteile für inländische Firmen insbesondere in den Grenzregionen ausgeglichen werden.
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